altmarkgeschichte

Datenbank Historischer Grabmäler der Altmark





Arnold Bierstedt

Bürgermeister, Richter, Chronist

Sterbedatum:
15.05.1597
Konfession:
evangelisch
Ort:
Gardelegen
Standort:
Marienkirche
GPS:
11.394940 - 52.524920

Beschreibung
Zustand
:
Das dreiteilige, hölzerne Epitaph befindet sich nach einer Restaurierung in einem sehr guten Zustand.

Gestaltung:
Das farbig gefasste Epitaph setzt sich aus drei nebeneinanderstehenden Bildtafeln, die verschiedenen Mitgliedern der Familie Bierstedt (links: Anna Bierstedt geb. Niepage, mittig: deren Ehemann Paul Bierstedt, rechts: beider Sohn Arnold Bierstedt und dessen Ehefrau Dorothea Jeggow) widmet sind, zusammen. Über diesen Tafeln verläuft ein Gesims mit drei aufgemalten Inschriften und mittig über jeder Tafel je einem Wappenschild mit einer Hausmarke und Initialen. Unter jeder Bildtafel befindet sich ebenfalls eine Inschrift und ein weiterer einen Sinnspruch enthaltender Wappenschild. Mit reichem Schnitzwerk versehene Lisenen bilden die Seiten des Epitaphs und die Trennungen zwischen den Bildtafeln. Darauf abgebildet sind von links nach rechts die allegorischen Figuren „FIDES“ - Glaube, „CHARITAS“ - Wohltätigkeit, „SPES“ - Hoffnung, „PATIENTIA“ – Geduld. Über den Köpfen und unter den Füßen zeigen je vier Wappenschilde einzelne Großbuchstaben. Die vier Oberen ergeben „DEVS“, die unteren nennen den Begriff „MORS“. Ferner sind unter den Füßen der beiden mittleren Figuren nochmals Initialen und Hausmarken aufgemalt. Unter der Figur des rechten Randes ist die Jahreszahl 1576 zweimal eingearbeitet worden. Sie bezieht sich auf das Jahr der Anfertigung des Kunstwerkes und erklärt auch, weshalb nur die Daten der zu diesem Zeitpunkt bereits verstorbenen Personen angegeben sind. Eine Ergänzung späteren Sterbedaten auf der rechten Tafel erfolgte nicht.
Die rechte Tafel hat die Kreuzigung zum Thema. Unter dem Kruzifix knien zu beiden Seiten Arnold Bierstedt und seine Ehefrau Dorothea Jeggow. Dazwischen sind drei Söhne (wovon zwei bereits verstorbenen und deswegen mit einem Kreuz in den Händen dargestellt sind) und drei Töchter abgebildet. Der Wappenschild über der Tafel zeigt die Hausmarke der Familie Jeggow und die Initialen „D I“ für Dorothea geb. Jeggow. Links neben dieser Tafel unter der „Hoffnung“ finden sich die Initialen „I B“ und die Hausmarke der Familie Jeggow.

Inschrift rechte Tafel
oben links
:
VVLNERA PENDENTIS CHRISTI INSPICE, VERBADOLENTIS,
LACHRYMVLAS FLENTIS, COR MORIENTIS HOMO.
CERNE CICATRICES, VIBICES, LIVIDA MEMBRA
NVNC LACEROS VVLTVS, NVNC ROSEOS OCVLOS.

oben rechts:
CVR CAPVT I̅CVNAT… [griech.: LOGOS] VT DEVS OSCVLA FIGAT,
COR PATET ET NVDVM EST, HINC VT APERTVS AMOR
EXPANDITOR MANVS, VT TE AMPLECTATVR ET OMNES,
VT FOVEAT TOTVS TOTVS ET VT REDIMAT

über dem Kruzifix:
… (hebräisch) …
· I · N · O · B · T · I ·
INRI

unten:
ARNOLDVS BIERSTEDIVS ECCLE: DEI CIVIS, HVI9 VRBIS SENATOR ARTI: LIBERAL: M. HÆC SVIS

PARE̅TIB9 ET SIBI, PIETAT: ET RELIGIO: ERGO … QVI ANNO …(griechischer Begriff)… 15… …(griechischer Begriff)…

DOROTHEA IEGGOWS VXOR EI9 CASTISS: ANNO …(griechischer Begriff)… 15… AD SOCIET: SANCTORV̅ VOCATVR

Wappenschild unten:
IMMANVEL
VITA MEA
APVD QVEM
MANEO

Anmerkung:
Ein ausführlicher Lebenslauf Arnold Bierstedts mit reichhaltigen Angaben zu dessen Familie ist verfasst worden von Adolf Parisius „M Arnold Bierstedt, Bürgermeister zu Gardelegen, geb. 1542, gest. 1597“, erschienen im 21. Jahresbericht des Altmärkischen Geschichtsvereins 1887, S. 1 – 29. Daraus geht hervor, dass Arnold Bierstedt ein Sohn des Bürgermeister Paul Bierstedt und dessen Ehefrau Anna geb. Niepage war. Seine Ehefrau hieß Dorothea Jeggow († nach 1581) und war eine Tochter des 1582 verstorbenen Bürgermeister Benedikt Jeggow, dem ebenfalls ein hölzernes Epitaph in der Marienkirche gewidmet wurde.
Vgl. auch „Landgericht Stendal „… nur dem Gesetze unterworfen“ Herausgeber Dieter Remus u. a., 2002, S. 324: „In Schultzes Chronik „Auff- und Abnehmen der löblichen Stadt Gardelegen“ (1668) finden sich verschiedene Beispiele aus der Tätigkeit des Stadtgerichts. U. a. wird auch erwähnt, dass dreimal im Jahr Gerichtstag gehalten wurde, wozu die gesamte Bürgerschaft zu erscheinen hatte. Neben dem Schultheißen nahmen der erste und zweite Bürgermeister, neben diesen die sieben Schöffen nach ihrem Alter Platz. (…). Der erste namentlich nachweisbare Stadtrichter Gardelegens ist Arnold Bierstedt, der 1542 dort geboren und 1567 Mitglied des Ratskollegiums, später Schöffe und anschließend Richter wurde. 1586 stieg er zum Bürgermeister seiner Heimatstadt auf. Er wird als ausgezeichneter Gelehrter und vorzüglicher Amtsführung als Zierde Gardelegens („decus Gardelegiae praccipium“) beschrieben. Seit einigen Jahren ist auch eine Straße nach ihm benannt. …“
Im „Handbuch der historischen Buchbestände. Sachsen-Anhalt“ (vgl.. https://books.google.de/books?isbn=3487418177) wird über die Kirchenbibliothek von St. Nikolai in Gardelegen geschrieben: „Trotz ihrer relativ geringen Größe ist die Bibliothek ein Musterbeispiel für die planmäßige und geschlossene Anlage einer protestantischen Kirchenbibliothek, für deren Aufbau die 1584 erworbene Bibliotheca Konrad Gesners als methodisches Hilfsmittel benutzt wurde. Abgesehen von geringen mittelalterlichen Resten und wenigen nachreformatorischen Anschaffungen wurde die Bibliothek 1580 (nicht 1581, wie in der älteren Literatur angegeben) gegründet. Die Initiative ging von dem Gelehrten Arnold Bierstedt (1542-1597) aus, der als Schulrektor, Ratsherr und späterer Bürgermeister vielfachen Einfluß in der Stadt besaß. Er hatte in Wittenberg studiert und war durch einen christlichen Humanismus im Sinne Melanchthons geprägt. Die Bibliothek wurde durch Geldstiftungen, später auch durch Kollekten vermehrt, die vor allem bei Trauungen stattfanden. Daher finden sich die Supralibros "oblationes nuptiales" oder die Namen beider Eheleute auf den Büchern. Die meisten Einbände wurden in Wittenberg, später auch in Magdeburg gefertigt. Aus dem vom Gründer 1581 angelegten, jedoch nicht erhaltenen Bücherverzeichnis ist eine Benutzungsordnung in lateinischen Versen überliefert.
1.2 Nachdem man auch in der Marienkirche eine Büchersammlung begonnen hatte, wurden beide Bibliotheken wohl kurz nach der Visitation im Jahre 1600 in St. Nikolai vereinigt. Als energische Förderer fehlten, hörte die kontinuierliche Vermehrung schon um 1634 auf. 1679 wurde auch eine eigene Schulbibliothek gegründet, doch waren die Stadt und die Schule weiterhin an der Betreuung der Kirchenbibliothek beteiligt. Wie die alten Kataloge zeigen, waren die Rektoren der Lateinschule mit der Verwaltung betraut. Es fanden auch regelmäßige Revisionen statt, von denen die letzten für 1715, 1718 und 1721 bezeugt sind. Die Sammlung blieb die "bibliotheca publica" der Stadt, eine Konstellation, die deutlich Luthers Vorstellungen entsprach.
1.3 Im Jahre 1859 wurden die 58 Werke umfassenden Musikalien an die Königliche Bibliothek Berlin verkauft. Der übrige Bestand wurde weiter in der Kirche aufbewahrt, gegen Ende des Zweiten Weltkrieges aber in ein Grabgewölbe der Kirche gebracht, so daß er der Zerstörung der Kirche und des Pfarrarchivs entging. Heute ist die Bibliothek im Erdgeschoß des Pfarrhauses neben der Ruine der Nikolaikirche untergebracht. Dort befindet sich z. Z. auch die wertvolle Sammlung zu einer altmärkischen Pfarrerkunde. Um 1970 wurde von Pfarrer Reiner Berndt eine kleine Sammlung älterer Bücher zusammengetragen (s. u. 2.1). (…).“

Lage:
Die als Epitaph fungierende Logenbrüstung befindet sich in der Nordwand des Chores.

Text und Foto:
Frank Moldenhauer, Magdeburg 2024